Känozoikum
Lontra weiri, Pliozän, 3,8 Mio. Jahre, Die Wissenschaftlerin: Kari Prassack
Zwischen Ottern und Deadheads
Grateful Dead war eine amerikanische Rockband, die durch ihre Vorreiterrolle als Väter der psychedelischen Rockmusik und durch ihre treue Fangemeinde, die Deadheads, berühmt wurde. Was passiert, wenn ein Deadhead zum Paläontologen wird und ein neues Fossil beschreibt? Genau, Begeisterung trifft auf Leidenschaft, und heraus kommt ein fossiler Otter, benannt nach dem Grateful Dead-Gründungsmitglied Bob Weir.
Hendrixella grandei, Eozän, 50 Mio. Jahre, Die Wissenschaftler: Alexandre F. Bannikov & Giorgio Carnevale
Gott der Gitarren
Fragt man irgendjemanden auf der Straße, wen er für den größten Gitarristen in der Geschichte der Rockmusik hält, wird man oft den Namen Jimi Hendrix hören. Obwohl seine aktive Karriere nur wenige Jahre dauerte, hinterließ er eines der dauerhaftesten und einflussreichsten Vermächtnisse der E-Gitarre. Hendrix verstarb viel zu früh – auch wenn man munkelt, er sei dazu berufen worden, den Engeln Gitarrenunterricht zu erteilen. Dank der fossilen Fischgattung Hendrixella hat er einen gewissen Grad an Unsterblichkeit erlangt.
Frippia labroiformis, Eozän, 50 Mio. Jahre, Die Wissenschaftler: Alexandre F. Bannikov & Giorgio Carnevale
Poseidon und der scharlachrote König
Progressive Rock und Paläontologie passen offensichtlich sehr gut zusammen. Auf dem Album „Thrak“ der britischen Progressive-Rock-Legende King Crimson findet sich der Song „Dinosaur“ mit den Zeilen „When I look back on the past it’s a wonder I’m not yet extinct“. Das klingt so, als hätte die Band vorhergesagt, dass ihr Gitarrist Robert Fripp als Namenspatron für eine fossile Gattung auserwählt würde. Frippia ist kein Dinosaurier, wie der Songtitel vermuten lässt, sondern ein ausgestorbener Fisch. Und das passt zu einem anderen Meisterwerk von King Crimson: dem Album „In the Wake of Poseidon“.
Tarkus squirei, Eozän, 50 Mio. Jahre, Die Wissenschaftler: Giorgio Carnevale & Theodore W. Pietsch
Der Fisch
Wenn es einen Rockmusiker gibt, der es verdient, in einem fossilen Fisch verewigt zu werden, dann ist es Chris Squire (1968 – 1990)! Er wurde als Bassist und Gründungsmitglied der britischen Progressive-Rock-Band YES berühmt und war allgemein unter dem Spitznamen „Fish“ bekannt. Letzterer wird vor allem mit Squires Soloalbum „Fish Out of Water“ von 1975 und dem Solostück „The Fish (Schindleria praematurus)“ von 1971 in Verbindung gebracht. Außerdem bezieht sich der Begriff „Bass“ nicht nur auf Squires Instrument, sondern auch auf eine bestimmte Gruppe von Fischen – und Squires Sternzeichen waren die Fische. Zu guter Letzt wird gemunkelt, dass Squire während einer Tournee versehentlich ein Hotelzimmer in Oslo unter Wasser setzte.
Mesozoikum
Melusinaster alissawhitegluzae & Melusinaster arcusinimicus, Jura, 169 Mio. Jahre, Die Wissenschaftler*innen: Ben Thuy & Sabine Stöhr
Erzfeind der Vortäuschung
Die Schlangenstern-Gattung Melusinaster wurde vor kurzem als Übergangsfossil zwischen zwei auffällig unterschiedlichen lebenden Verwandten entdeckt: den „normalen“ Schlangensternen und den Korbsternen auch bekannt als Gorgonen-Köpfe. Dies konnte nur dank kritischer Tiefenforschung enthüllt werden, daher auch der Hinweis auf die mythische Figur Melusina. Der Prozess der Erforschung des „großen Bildes“ in der Wissenschaft ist in vielerlei Hinsicht vergleichbar mit der intensiven, leidenschaftlichen und engagierten musikalischen Herangehensweise der schwedischen Death-Metal-Band Arch Enemy und ihrer Sängerin Alissa White-Gluz.
Archaeoteleia astropulvis, Kreidezeit, 100 Mio. Jahre, Der Wissenschaftler: Elijah J. Talamas
Wir alle sind Sternenstaub
Es gibt nur wenige Musiker, die in der Musikwelt so anerkannt und respektiert werden wie David Bowie. Sein Schaffen war und ist ein Meilenstein in der Popmusik und -kultur und Bowie wird von einigen als der größte Rockstar aller Zeiten angesehen. Seine Aufnahme in die Ruhmeshalle der Rock-Fossilien war längst überfällig. Eine uralte Wespe, die in 100 Millionen Jahre altem Bernstein konserviert wurde, ist ein würdiges Andenken an Bowies extravagante Bühnenshows und Charaktere, darunter der legendäre Ziggy Stardust.
Masiakasaurus knopfleri, Kreidezeit, 69 Mio. Jahre, Die Wissenschaftler*innen: Scott D. Sampson, Matthew T. Carrano & Catherine A. Forster
Ein Rock-Dinosaurier
Manchmal kann Musik buchstäblich zu Entdeckungen führen. Die Wissenschaftler, die den Dinosaurier Masiakasaurus knopfleri entdeckten, stellten fest, dass sie immer versteinerte Knochen fanden, wenn sie im Steinbruch Dire Straits spielten. Sobald sie etwas anderes spielten – keine Fossilien mehr. Mit über 50 Jahren professioneller Tätigkeit ist Mark Knopfler, Gitarrist und Sänger der Dire Straits, ein Dinosaurier der Rockmusik. Mit Freude aber auch Selbstironie nahm er seine außergewöhnliche Ehrung entgegen und bat sogar um eine Replik des nach ihm benannten Masiakasaurus-Skeletts.
Parapassaloteuthis franzoisbreutae, Jura, 179 Mio. Jahre, Der Wissenschaftler: Roby Weis
Kopf in den Sternen, Füße im Wasser
Sensible und poetische Tiere wie die Kopffüßer (vom griechischen kephalópoda, Kopf-Fuß), lassen uns die Äonen überblicken, denn sie existieren schon seit sehr langer Zeit. Am bekanntesten sind die Belemniten mit ihrem projektilförmigen Rostrum, wie das von Parapassaloteuthis francoizbreutae, das an den Ufern des Armorikanischen Meeres zwischen der heutigen Normandie und der Bretagne lebte. 180 Millionen Jahre später zieht die Liedermacherin Francoiz Breut aus Cherbourg ihren musikalischen Anzug an und taucht in die sibyllinischen Tiefen der menschlichen Seele ein, um seltsame schwimmende Kreaturen zwischen naturalistischer Träumerei und zeitloser Romantik zu beobachten.
Lillithaster lamentatiofelium, Kreidezeit, 69 Mio. Jahre, Die Wissenschaftler*innen: Ben Thuy, Lea D. Numberger-Thuy & John W.M. Jagt
Volle Frauenpower
Das norwegische Folk-Rock-Phänomen Katzenjammer ist eine der ganz wenigen Bands, die ein Metal-ähnliches Niveau an musikalischer Intensität und Leidenschaft liefern, ohne tatsächlich Metal zu spielen. Wer sie live erlebt hat, sieht sie als würdige Mitglieder der Hard- und Heavy-Hall of Fame. Darüber hinaus sind sie eine der wenigen rein weiblichen Rockbands in einem immer noch stark männerdominierten Bereich. Kein Wunder, dass das Katzenjammer-Rock-Fossil zu einer Gattung von Schlangensternen gehört, die nach dem weiblichen Pendant Adams und der ersten Frau auf Augenhöhe benannt ist.
Lapidaster mastodon, Jura, 160 Mio. Jahre, Der Wissenschaftler: Ben Thuy
Kaiser aus Sand
Was hält einen aufrecht, wenn man Nachtschichten schiebt und unter dem Elektronenmikroskop Mikrofossilien analysiert, die für normale Menschen nichts anderes als Sand sind? Ja, Leidenschaft! Aber manchmal muss selbst die stärkste Hingabe durch ein paar fette Melodien angeheizt werden. Als der Paläontologe Ben Thuy entdeckte, dass es sich bei einem dieser Sandkörner tatsächlich um das mikroskopische Fossil einer neuen Schlangensternart handelte, lief die Musik der Heavy-Metal-Legende Mastodon. Zur richtigen Zeit am richtigen Ort!
Lapidaster hystricarboris, Jura, 190 Mio. Jahre, Der Wissenschaftler: Ben Thuy
Progressives Arbeiten
Eine der größten Herausforderungen in der wissenschaftlichen Forschung besteht darin, komplexe Phänomene zu verstehen und das Wesentliche so prägnant wie möglich zu vermitteln. Progressive Rockmusik funktioniert oft nach demselben Prinzip: Sie produziert eingängige, zugängliche Melodien, die vor technischer Komplexität strotzen. Kein Wunder, dass manche Wissenschaftler progressive Rockmusik als magische Inspirationsquelle nutzen, um ihre kreative Arbeit voranzutreiben. Fossilien wie der ausgestorbene Schlangenstern Lapidaster hystricarboris, der nach der britischen Prog-Rock-Legende Porcupine Tree benannt wurde, sind eine Hommage an diese heimliche progressive Arbeitsgemeinschaft.
Paläozoikum
Avalanchurus lennoni, Silur, 432 Mio. Jahre, Der Wissenschaftler, Gregory D. Edgecombe
Leidenschaft und Erfolg
Die Beatles und Trilobiten haben eine besondere Gemeinsamkeit: Sie waren beide die erfolgreichste Gruppe in ihrem jeweiligen Bereich. Kein anderer fossiler Stamm aus dem Paläozoikum war so weit verbreitet wie die Trilobiten, und keine andere Rockband verkaufte mehr Platten als die Beatles. Herausragende Persönlichkeiten wie John Lennon verkörpern und vermitteln die Leidenschaft, die über den reinen Erfolg hinausgeht. Und Paläontologie ist die Leidenschaft, die dafür sorgt, dass es bei den Geowissenschaften nicht nur um Bergbau und Technik geht.
Milesdavis eldredgei, Silur, 430 Mio. Jahre, Der Wissenschaftler: Bruce S. Lieberman
Der einflussreichste Vertreter seiner Art
Jeder, der sich auch nur ein bisschen mit Fossilien beschäftigt, hat schon einmal von Trilobiten gehört. Nur wenige versteinerte Lebewesen haben einen ähnlich tiefen und nachhaltigen Eindruck und Bekanntheitsgrad in der öffentlichen Wahrnehmung erreicht. All das trifft auch auf Miles Davis zu – wenn es um Jazzmusik geht. Er gilt weithin als legendärer Musiker, der auch die Rockmusik stark beeinflusst hat. Das macht ihn zu einem mehr als würdigen Mitglied in der Rock-Fossils-Familie.