Geförderte Pandemieprävention

Die VolkswagenStiftung unterstützt neues Senckenberg-Forschungsprojekt zur Rolle von Mensch-Umwelt-Beziehungen im Kontext der Pandemievorsorge mit über einer Million Euro


Mit einer Laufzeit von vier Jahren und einer Gesamtsumme von rund 1,5 Millionen Euro fördert die VolkswagenStiftung im Rahmen ihres Profilbereiches „Gesellschaftliche Transformation“ ein neues Forschungsprojekt am Senckenberg Museum für Naturkunde in Görlitz. Unter der Leitung von Senckenberg-Wissenschaftler Prof. Dr. Hjalmar Kühl wird ein Team von Forschenden vom Helmholtz Institute für One Health, der Universität Marburg, der Universität Jean Lorougnon Guédé (Daloa, Elfenbeinküste), dem Centre Suisse des Recherches Scientifiques (CSRS, Elfenbeinküste), sowie der Ecole Inter Etats des Sciences et Médecine Vétérinaires de Dakar, (Senegal) zusammenarbeiten. Ziel des Projektes ist es Menschen zu einer Änderung ihres bisherigen Verhaltens zu motivieren und damit Änderungen herbeizuführen, um das Risiko von Zoonosen – der wechselseitigen Krankheitsübertragung von Tier zum Menschen – in Westafrika zu verringern. Das internationale Team möchte so konkrete Lösungen für mehr Nachhaltigkeit unter Berücksichtigung dringender sozialer, ökologischer, medizinischer und wirtschaftlicher Bedürfnisse der Beteiligten anbieten.

Das Coronavirus Sars-CoV-2, die Affenpocken oder die Vogelgrippe: In den letzten Jahren wurden immer wieder Krankheiten von Tieren auf den Menschen übertragen – zum Teil mit verheerenden, globalen Folgen. „Solche Zoonosen – Infektionskrankheiten, die etwa von Bakterien oder Viren verursacht und zwischen Tieren und Menschen übertragen werden – gab es zwar schon immer, aber es gibt einige Faktoren, die ihre Zunahme begünstigen“, erklärt Dr. Hjalmar Kühl, Abteilungsleiter für Zoologie am Senckenberg Museum für Naturkunde in Görlitz sowie Professor für Diversität der Säugetiere an der TU Dresden, und fährt fort: „Die Weltbevölkerung wächst stetig, Menschen leben auf engem Raum und reisen mehr, der Lebensraum vieler wilder Tierarten wird immer kleiner und überschneidet sich mit dem von Nutztieren und von uns Menschen. In unserem neuen von der VolkswagenStiftung großzügig gefördertem Projekt werden wir anhand verschiedener Lebensräume in Westafrika untersuchen, wie das Risiko von Zoonosen durch Veränderung bzw. Reduzierung im Konsum von Wildtieren dennoch vorgebeugt werden kann.“

Das Projekt befasst sich mit der Frage, wie der Verzehr von Wildfleisch wie beispielsweise von Rohrratten, Stachelschweinen, Primaten, Flughunden oder Antilopen sich zwischen ländlichen Gebieten über agroforstwirtschaftliche Landschaften bis hin zu (peri)-urbanen Arealen in Liberia und der Elfenbeinküste unterscheidet.  Zudem möchte das afrikanisch-deutsche Forscher*innen-Team schauen, wie durch gezielte Maßnahmen, wie der Aufklärung über Infektionsrisiken oder der Subventionierung von gezüchteten Tieren anstelle des Verzehrs von Wildfleisch eine Verhaltensänderung herbeigeführt werden könnte. „Die Thematik des Konsums von Wildfleisch ist komplex-Lösungen sind nicht einfach – es bedarf daher der Zusammenarbeit verschiedener Expert*innen aus den Bereichen Biodiversität (Senckenberg und Universität Daloa), Verhaltensökonomie (Universität Marburg), Anthropologie (CSRS) und Zoonosenforschung (Helmholtz Institut für One Health und Ecole Inter Etats des Sciences et Médecine Vétérinaires de Dakar). Daher arbeiten wir zum Beispiel auch eng mit Restaurantbesitzer*innen, Bürger*innen, Händler*inne und Züchter *innen von Wildtieren, zusammen. So können die Gründe für den Verzehr von Wildtieren ermittelt und Maßnahmen für eine Verhaltensänderung unter gegebenen Bedingungen ermittelt werden“, so Anthropologe Gilbert Fokou vom CSRS.

Begleitet werden die Untersuchungen durch Erhebungen über das Vorkommen von Wildtieren und Suche nach Krankheitserregern.  „Unsere Arbeit wird die Wirksamkeit von möglichen Maßnahmen –schrittweiser Ersatz von Wildfleisch durch gezüchtete Tiere, Aufklärung und Medienarbeit zu Risiken durch Zoonosen und den Verlust der Artenvielfalt oder Subventionen – für einen gesellschaftlichen Transformationsprozess aufzeigen und das Potenzial für eine Änderung des Wildtierkonsums demonstrieren. So werden konkrete Lösungen für mehr Nachhaltigkeit unter Berücksichtigung der verschiedenen Bedürfnisse aller Beteiligten entstehen!“, gibt Tierärztin Andrée Prisca Ndour einen Ausblick.

Das Projekt wird im Rahmen des Profilbereichs Gesellschaftliche Transformation der VolkswagenStiftung gefördert. Dort fördert die Stiftung Forschung, die mit unterschiedlicher Schwerpunktsetzung Wissensbestände zu Transformationsprozessen erweitert und kritisch reflektiert. So soll besser verstanden werden, wie Transformationsprozesse ablaufen und welche Einfluss- und Gestaltungsmöglichkeiten dabei die Wissenschaft hat.

Pressematerial

Durch die Überschneidung des Lebensraums vieler wilder Tierarten mit dem von Nutztieren und von Menschen werden Zoonosen begünstigt. Foto: Senckenberg/Kühl

In Garküchen wie hier in Toumodi (Elfenbeinküste) ist Wildfleisch ein fester Bestandteil der Speisekarte. Foto: Senckenberg/Kühl